Mehr zum Technology Outlook

Die Geschwindigkeit des technologischen Wandels erschwert den klaren Blick in die Zukunft. Der Technology Outlook schafft Orientierung in der Technologielandschaft von morgen. Als Reiseführer für die Zukunft erklärt er Technologietrends, ordnet sie in Bezug auf ihre Bedeutung für den Denk- und Werkplatz Schweiz ein und vergleicht die Entwicklungen in der Schweiz mit denjenigen in anderen Ländern. Der Technology Outlook identifiziert Chancen und Herausforderungen und ist somit eine wichtige Grundlage für die strategische Arbeit von Expert:innen aus Industrie, Standortförderung und Verwaltung.

Der Technology Outlook der SATW

Die Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften SATW betreibt im Auftrag des Bundes Früherkennung von Technologien, kurz Foresight. Der Technology Outlook resultiert aus diesen Foresight-Aktivitäten und stellt zukunftsweisende Technologien vor, die in den kommenden Jahren für die Schweiz relevant sein werden. Als einzigartige Fachorganisation mit hoher Glaubwürdigkeit vermittelt die SATW unabhängige, objektive und gesamtheitliche Informationen über die Technik – als Grundlage für eine fundierte Meinungsbildung. Sie ist politisch unabhängig und nicht kommerziell.

Methodik

Auswahl der Technologien

Für die Auswahl der Technologien ist der Wissenschaftliche Beirat der SATW verantwortlich. Einerseits wurden die technologischen Reifegrade – auch bekannt als Technology Readiness Level (TRL) – aller Technologien aus dem Technology Outlook 2021 neu beurteilt (vgl. NASA, Technology Readiness Level). Andererseits entstand in Zusammenarbeit mit den Leiter:innen der SATW-Themenplattformen eine provisorische Liste mit neuen, potenziell disruptiven Technologien, deren Reifegrad und Bedeutung für die Schweiz von Expert:innen bewertet wurden. Technologien, die einen Reifegrad zwischen 4 und 7 sowie eine hohe Relevanz für die Schweiz haben, sind in die finale Technologieliste eingegangen, auf der die Ausgabe 2023 des Technology Outlook beruht. Zu jeder Technologie wurden mit Expert:innen Interviews geführt – bei der Mehrzahl waren es zwei oder mehr Gespräche. Die Basis dafür bildete ein standardisierter Fragebogen. Im Anschluss bereitete das Foresight-Team der SATW die Antworten zu Beiträgen auf, die von den jeweiligen Expert:innen auf ihre Richtigkeit überprüft wurden.

Bedeutung der Technologien für die Schweiz

Die Bedeutung der ausgewählten Technologien für die Schweiz, wie sie in der Quadrantendarstellung visualisiert ist, wird anhand von acht Parametern abgeschätzt, welche als Teil des standardisierten Fragebogens erhoben werden. Vier dienen der Bestimmung der volkswirtschaftlichen Bedeutung und vier der Bestimmung der Forschungskompetenz in der Schweiz. Die acht Parameter umfassen:

  • weltweiter Umsatz fürs Jahr 2021 von in der Schweiz ansässigen Firmen mit Produkten und Dienstleistungen, die eine bestimmte Technologie involvieren
  • Marktpotenzial in den nächsten fünf Jahren
  • rechtlich-regulatorische Rahmenbedingungen in der Schweiz
  • Akzeptanz in der Schweizer Gesellschaft
  • Anzahl relevanter akademischer Forschungsgruppen
  • Kompetenz dieser akademischen Forschungsgruppen im internationalen Vergleich ausgedrückt mit dem durchschnittlichen h-Index (gemäss Google Scholar)
  • Anzahl der Firmen in der Schweiz mit Forschung zum Thema und deren Kompetenz im internationalen Umfeld anhand von Expert:inneneinschätzungen

Die Antworten der Expert:innen wurden in ein Punktesystem überführt.

Umsatz 2021 (U), basierend auf Schätzungen von Expertinnen und Experten, Branchen- und Geschäftsberichten, Statistik-Datenbanken und eigenen Recherchen:

Wert (in Mio. CHF) < 10 10–99 100–499 500–999 ≥ 1000
Punkte 1 2 3 4 5

 

Marktpotenzial in den kommenden fünf Jahren (M), Einschätzung von Expertinnen und Experten:

Wert klein mittel gross
Punkte 0,4 1 1,6

 

Rechtlich-regulatorische Rahmenbedingungen in der Schweiz (RR), Einschätzungen von Expertinnen und Experten:

Wert ungünstig neutral optimal
Punkte 0,8 1 1,2

 

Akzeptanz in der Schweizer Gesellschaft (RG), Einschätzungen von Expertinnen und Experten:

Wert hemmend neutral fördernd
Punkte 0,9 1 1,1

 

Anzahl relevanter akademischer Forschungsgruppen in der Schweiz (FA), basierend auf Angaben von Expertinnen und Experten sowie eigenen Recherchen:

Wert <20 20–39 ≥40
Punkte 1 3 5

 

Kompetenz der akademischen Forschungsgruppen (KF), basierend auf dem durchschnittlichen h-Index der Forschungsgruppen in der Schweiz, die auf dem entsprechenden Gebiet aktiv sind. Der h-Index ist eine Kennzahl für die weltweite Wahrnehmung eines Wissenschaftlers bzw. einer Wissenschaftlerin in Fachkreisen, die auf Zitationen der Publikationen der jeweiligen Fachperson beruht.

Wert <20 20–34 ≥35
Punkte 0,8 1 1,2

 

Anzahl Firmen in der Schweiz mit F&E zum Thema (FI), basierend auf Angaben von Expertinnen und Experten, Branchen- und Geschäftsberichten sowie Internetrecherche:

Wert <30 30-69 ≥70
Punkte 1 3 5

 

Kompetenz dieser Firmen im internationalen Umfeld (KI), Einschätzung von Expertinnen und Experten:

Wert gering mittel hoch
Punkte 0,8 1 1,2

 

Die mit diesem Punktesystem ermittelten Werte wurden mittels folgender Formel in eine Position auf der horizontalen Achse (volkswirtschaftliche Bedeutung) überführt:

U ∙ (M+RR+RG

Die Gewichtung der Grössen in der Formel ist unterschiedlich. Der auf soliden Zahlen basierende Umsatz wurde als die wichtigste Grösse festgelegt, die anderen drei Werte modulieren den Umsatz. Der Einfluss des Marktpotenzials auf die Entwicklung des Umsatzes wurde als grösser eingeschätzt als derjenige der rechtlich-regulatorischen Rahmenbedingungen und der gesellschaftlichen Akzeptanz. Diese Gewichtung liegt dem Punktesystem zugrunde und bestimmt damit die Überführung in die Werte.

Die Position einer Technologie auf der vertikalen Achse (Forschungskompetenz in der Schweiz) ergibt sich aus folgender Formel:

FA∙ KA+ FI ∙ KI

Die Angaben zu der Anzahl akademischer und industrieller Forschungsgruppen wurden als die beiden bestimmenden Grössen festgelegt, deren Kompetenz jeweils als Modulatoren, was sich ebenfalls in der Überführung der Wertebereiche in das Punktesystem widerspiegelt.

Daraus ergeben sich Werte von 2.1 bis 19.5 für die horizontale und Werte von 1.6 bis 12 für die vertikale Achse. Zur Vereinfachung der Darstellung wurden die Werte linear transformiert, so dass die endgültigen Positionen auf beiden Achsen zwischen 0 und 10 liegen.

Trendanalyse Schweiz

Von den Technologien, die bereits im Technology Outlook 2019 thematisiert wurden, sind 19 auch in der Quadrantendarstellung der Ausgabe 2023 vertreten. Um deren Entwicklung und allfällige Positionsänderungen zu bestimmen, wurden die Werte aus den beiden Quadrantendarstellungen direkt verglichen: Für eine mögliche Veränderung der volkswirtschaftlichen Bedeutung (horizontale Achse) wurde der Unterschied zwischen den x-Werten 2023 und 2019 berechnet; für eine Veränderung der Forschungskompetenz in der Schweiz der Unterschied zwischen den y-Werten 2023 und 2019 (vertikale Achse). Veränderungen sind als absolute Zahlen angegeben. Um die leicht angepasste Methodik der Ausgabe 2023 zu berücksichtigen, wurden die Zahlen aus der Ausgabe 2019 umgerechnet. Dies betrifft das Marktpotenzial, welches neu in drei statt wie bis anhin vier Abstufungen erhoben wird, sowie die Anzahl akademischer und industrieller Forschungsgruppen, die neu bei den Expert:innen in drei statt fünf Abstufungen abgefragt werden.

Nationale und internationale Trendanalyse auf der Basis von Twitter-Daten

Die SATW nutzt die semantische Suchmaschine der Schweizer Firma LinkAlong. Diese durchsucht Twitter (Rebranding ab 2023 zu X) sowie die in den Posts referenzierten Webseiten. Mithilfe dieser Suchmaschine wurden alle Posts auf den offiziellen Twitter-Kanälen der Hochschulen in der Schweiz, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Italien, Österreich und den USA in Bezug auf die einzelnen im Technology Outlook beschriebenen Technologien zusammengetragen und ausgewertet.

Für jede im Technology Outlook beschriebene Technologie wurde eine Liste mit Suchbegriffen angelegt, welche die jeweilige Technologie eindeutig benennen. In diese Listen sind sowohl die Landessprachen der untersuchten Länder als auch unterschiedliche Namen und die verschiedenen Schreibweisen für ein und dieselbe Technologie eingeflossen. Somit kann bestimmt werden, wie viele Hochschulen sich in einem Land zu einem bestimmten Thema äussern.

Für die Analyse der Technologietrends wurden die Technologien den vier Forschungsfeldern Digitale Welt, Energie und Umwelt, Fertigungsverfahren und Materialien sowie Life Sciences zugewiesen. Zur Beschreibung der Entwicklungen dieser Forschungsfelder wurde die Anzahl Hochschulen erfasst, die sich mindestens zu einer Technologie in diesen Forschungsfeldern geäussert haben. Da sich die Anzahl der Hochschulen in den untersuchten Ländern stark unterscheidet, wurde pro Forschungsfeld für jedes Land die relative Anzahl der beitragenden Hochschulen in Prozent bestimmt; die Gesamtanzahl der Hochschulen in den entsprechenden Ländern wurde als 100 Prozent festgesetzt. Für alle vier Forschungsfelder wurden zwei Perioden gebildet, 2018 und 2019 sowie 2021 und 2022, wobei die Werte für die beiden Jahre gemittelt wurden. Der Trend ergibt sich aus der Differenz dieser beiden Perioden je Land in Prozentpunkten.

Für die Analyse auf Ebene der Technologien wurden ebenfalls die Anzahl Hochschulen mit mindestens einem Tweet zur entsprechenden Technologie gezählt. Diese Werte wurden in Bezug zur Gesamtanzahl Hochschulen je Land gesetzt. Die Werte aus den Jahren 2018 und 2019 sowie 2021 und 2022 wurden gemittelt. Die Differenz der beiden Mittelwerte ergibt die Entwicklung je Technologie und Land.

Für die nationale Trendanalyse wurde der Prozentsatz der Schweizer Hochschulen, die sich auf Twitter zu ausgewählten Technologien geäussert haben, betrachtet. Dazu wurde der Mittelwert der Periode 2021 und 2022 mit demjenigen der Periode 2018 und 2019 verglichen; die Zahlen für das Jahr 2020 sind geprägt von der Corona-Pandemie und werden nicht berücksichtigt. In der Grafik gezeigt ist die Veränderung zwischen den beiden Perioden als absolute Zahl.

Technologien und Gesellschaft

Der Technology Outlook geht neu auch auf gesellschaftliche Aspekte von Technologien ein. Die Basis dafür bildet eine Delphi-Befragung. Die Delphi-Methode ist ein Vorgehen zur Durchführung von systematischen, mehrstufigen Befragungen. Die RAND-Corporation hat das Verfahren in den 1950er-Jahren entwickelt und es wird seither angewendet, um Fragen zu thematisieren, über die unsicheres bzw. unvollständiges Wissen existiert. Ziel ist, subjektiv-intuitives Wissen einzuholen, dem dennoch eine individuelle Expertise zugrunde liegt. Delphi-Studien zeichnen sich durch mehrere Befragungsrunden aus. Bei der Delphi-Befragung für den Technology Outlook gab es zwei Runden.


Themenfindung

Expert:innen schlugen in Interviews Themen vor, welche für die Gesellschaft von besonderer Bedeutung sind. Basierend auf der Sichtung dieser Angaben und unter der Bedingung, aus jedem Forschungsfeld ein Thema herauszugreifen, identifizierte das Foresight-Team in Zusammenarbeit mit David Marti vom Think Tank Pour Demain mögliche Themen: KI im Gesundheitswesen, Energie, Materialien und Point-of-Care-Testing. Zur Vorbereitung der darauffolgenden Sitzung gehörten genauso der Fragenkatalog und das Vorgehen.


Entwickeln von Thesen

Ausgehend vom Themenfindungsworkshop entstand ein Fragenset (siehe unten). Dieses diente für einen Workshop mit dem Wissenschaftlichen Beirat der SATW und weiteren Expert:innen aus Wissenschaft und Politik als Basis, um Thesen zu formulieren.

  • Was sind die mit der Technologie einhergehenden Chancen für die Gesellschaft?
  • Was sind die Risiken für die Gesellschaft, wenn die Technologie breit implementiert wird?
  • Welche Kompetenzen müssen zukünftig vermittelt werden, damit Bürger:innen sich wohlwollend kritisch mit dem Thema auseinandersetzen, ohne dass sie die Details verstehen?
  • Welche Konflikte könnten sich zwischen der Technologie und einer demokratisch inklusiven Gesellschaft ergeben?
  • Wie könnten vertrauensbildende Massnahmen aussehen?
  • Wie verändert, prägt oder strukturiert die Technologie «meinen» Alltag?

Das Fragenset wurde für die vier Themen jeweils leicht angepasst, um die unterschiedliche Wahrnehmung und Problematik der Themen abzubilden.

Während des Workshops bildeten die 20 Teilnehmenden vier Gruppen, welche sich mit den Fragen jeweils für ein Thema beschäftigten. Die Einteilung erfolgte so, dass thematische Fachexpert:innen mit Expert:innen anderer Expertise zusammenkamen. Das Plenum diskutierte die Resultate aus den einzelnen Gruppen und leitete Thesen ab.


Delphi-Befragung und Auswertung

Basierend auf den Ergebnissen des Workshops erarbeitete das Foresight-Team den Fragebogen für die erste Runde der Delphi-Befragung, welche 94 Teilnehmende beantworteten. Der Fragebogen war vierteilig und umfasste insgesamt 24 Fragen mit zahlreichen Unterfragen.

Die Fragen rund um KI im Gesundheitswesen thematisierten mehrheitlich die Verwendung und den Schutz der sensiblen persönlichen Daten und das Vertrauen der Studienteilnehmenden in verschiedene Akteur:innen des Gesundheitssystems. Der Fragenblock zu Energie widmete sich dem Spannungsfeld aus verschiedenen Zielen, unter denen sich Zielkonflikte abzeichnen, und den Verantwortlichkeiten, um eine nachhaltige und sichere Energieversorgung zu erreichen. Bei den Fragen zu Materialien standen vor allem Massnahmen zur Verbesserung des Wissensstands in der Bevölkerung und das Recycling neuartiger Materialien im Zentrum. Der Einfluss von Point-of-Care-Testing auf das Individuum und das Gesundheitssystem dominierte den Fragenblock zu dieser Thematik.

Das Foresight-Team der SATW wertete die Antworten aus und setzte den Fragebogen für die zweite Runde auf. Dieser umfasste insgesamt zehn Fragen zu den vier Themen und sollte Unklarheiten aus der ersten Runde verdeutlichen und wo es Bedarf gab, vertiefende Nachfragen stellen. 72 Teilnehmende der ersten Studienrunde beantworteten den zweiten Fragebogen.

Die Auswertung der meisten Fragen erfolgte nach Antworthäufigkeiten ohne statistische Verfahren, die über das Bilden von Mittel- und Anteilswerten hinausgehen. Der Beobachtung folgend, dass die Antworten zu den Präferenzen bei möglichen Zielkonflikten in der Energieversorgung Muster folgen, wurden die entsprechenden Antworten mittels einer Clusteranalyse zu Gruppen zusammengefasst. Die Gruppenbildung erfolgte nach der Methode der Minimierung der Summe der quadrierten Abweichungen (Sum of Squared Errors).